6 Loyalty Marketing Prinzipien zur effektiven Kundenbindung

Loyalität entsteht durch Emotion. Sie entsteht sowohl im Kopf, als auch im Bauch. Sie ist ein Gefühl. Wer kundenzentriertes Loyalty Marketing verstehen möchte, muss daher die Psyche verstehen und die Effekte, die unsere Marketing Aktivitäten auf den Kunden haben.

Daher wollen wir uns heute sechs zentrale psychologische Prinzipien genauer ansehen, und Ihre Einsatzmöglichkeiten in Loyalty Programmen analysieren.

 

Konditionierung

Unser Gehirn steuert unser Verhalten. Es ist einerseits darauf aus, Schmerz zu vermeiden. Andererseits aber auch darauf ausgerichtet, Hochgefühle immer wieder zu erleben. Wir sind darauf trainiert, die Konsequenzen unseres Handelns in Millisekunden zu verarbeiten. Ist die Konsequenz einer Handlung eine Belohnung, wollen wir diese Belohnung immer wieder haben und passen daher unsere Handlungen an. Wir werden konditioniert.

Der zentrale Grundsatz der Theorie der Konditionierung ist also „positive Bestätigung“. Positiv bestätigtes Verhalten wird häufig wiederholt, während nicht positiv bestätigtes Verhalten tendenziell verblasst.

Nahezu jedes Loyalty Programm macht sich diesen Grundsatz zunutze indem es für gewünschtes Kundenverhalten Belohnungen in Aussicht stellt und die Kunden damit ermutigt, sich weiterhin auf die gewünschte Weise zu verhalten. Diese Belohnung können Punkte oder konkrete Benefits sein. Von zentraler Bedeutung, um effektiv zu funktionieren ist allerdings, dass der Kunde diese Belohnung auch wirklich als solche (an)erkennt. Es muss also ein Mehrwert aus Kundensicht geschaffen werden, der die mit dem Verhalten verbundene Mühe übersteigt. Um ein effektives Marketinginstrument aus diesem Prinzip zu machen, sollte sich der erfolgreiche Loyalty Marketer einerseits sehr klar darüber sein, welche Arten von Verhalten er erzeugen möchte. Andererseits aber auch, welche Aufwände mit diesen Verhalten beim Kunden entstehen. Und schließlich ganz besonders darüber, was jeder einzelne Kunde wirklich möchte und als Mehrwert wahrnimmt.

 

Die Theorie der sozialen Identität

Erfolgreiche Marken und Unternehmen schaffen nicht nur eine emotionale Bindung zu ihren Kunden. Es gelingt ihnen vielmehr sogar, dass der Kunden die Marke als Teil seiner eigenen Identität wahrnimmt.

Bereits 1978 stellte Henry Tajfel die Theorie der sozialen Identität vor. Das Selbstverständnis einer Person, also ihre Identität, basiert auf ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen. Tajfel theoretisierte, dass Gruppen, denen Menschen als soziale Wesen angehören (wie beispielsweise ihre Familie aber auch Sportmannschaften, Vereine, ihr Freundeskreis, Arbeitskollegen usw.), eine wichtige Quelle des Stolzes und des Selbstwertgefühls sind. Er stellte fest, dass Gruppen dem Einzelnen ein Gefühl der sozialen Identität und ein Gefühl der Zugehörigkeit zur sozialen Welt vermitteln.

Bhattacharya und Sen gingen noch einen Schritt weiter und untersuchten die Theorie der sozialen Identität in Bezug auf Marken. Demnach „entsteht die starke Beziehunge zwischen Kunden und Unternehmen häufig aus der Identifikation der Kunden mit diesen Unternehmen mit dem Zweck, einen oder mehrere relevante, selbstdefinierte Bedürfnisse zu befriedigen“. Anders ausgedrückt fühlen sich Kunden Marken und Unternehmen auf die gleiche Weise zugehörig, wie ihren sozialen Gruppen, Sportmannschaften oder Freunden. Die Marken spielen dabei eine entscheidende Rolle, dass sie sich besser fühlen, indem sie ihr Selbstwertgefühl steigern.

Kundenzentriertes Loyalty Marketing muss es daher zur Aufgabe haben, die Marke gegenüber dem Kunden mit einem Gefühl der Exklusivität und Zugehörigkeit aufzuladen.

Ein Beispiel für die Anwendung dieser Theorie sind Statusstufen. In Airline Programmen haben Frequent Flyer-Mitglieder etwa freien Zugang zur Lounge, dürfen als erstes an Bord, werden mit Bonuspunkten belohnt und erhalten kostenlose Upgrades. Aber auch Kleinigkeiten wie die optische Unterscheidung Ihre Mitgliedskarten von „normalen Mitgliedern“ trägt zu einem Gefühl der Exklusivität bei. Durch die Anerkennung und Belohnung des Mitglieds und dem Gefühl, zu etwas Bedeutendem zu gehören, kann das Programm-Design dem Kunden helfen, sein Selbstwertgefühl zu steigern. Was wiederum zur Festigung einer emotionalen Verbindung mit dem Unternehmen oder der Marke führen kann. Die Möglichkeiten mit Status in Loyalty Programmen zu spielen sind unglaublich vielfältig und können gezielt genutzt werden, um sich die Theorie der sozialen Identität zunutze zu machen.

Statusstufen führen aber auch zu einer besonders nachhaltigen Bindung. Kommt ein Kunde erst einmal in den Genuss der mit einem Status verbundenen Mehrwerte, will er diese so schnell nicht mehr aufgeben und wird einen erhöhten Aufwand betreiben, seinen Status zu erhalten. Dieser Effekt wird noch verstärkt, je mehr Außenwirkung, sprich Sichtbarkeit im sozialen Umfeld des Kunden, dieser Status hat.

 

Die Macht des Fortschritts oder auch der Endowed Progress Effect


Das Gefühl, einem Ziel bereits näher gekommen zu sein, hat riesigen Einfluss auf das Durchhaltevermögen und den Antrieb, das Ziel tatsächlich auch zu erreichen. Diese Macht des gefühlten Fortschritts können Loyalty Maßnahmen ganz gezielt für sich nutzen. Und sie hat in der Literatur sogar einen eigenen Namen: Endowed Progress Effect.

Nunes & Dreze haben durch Ihre Forschungsreihen Mitte der 2000-er den Endowed Progress Effect berühmt gemacht. Eines ihrer Experimente machten sie beispielsweise mit dem Treueprogramm einer Autowaschanlage. Es funktionierte mit einem einfachen Sammelpass, mit dem sich Kunden eine kostenlose Autowäsche verdienen konnten, indem sie Sticker sammelten. Die Probanden wurden dabei in zwei Gruppen geteilt. Gruppe 1 musste 8 Sticker sammeln. Gruppe 2 musste 10 Sticker sammeln – wobei die ersten beiden bereits von Beginn an auf dem Sammelpass angebracht waren.

Obwohl beide Gruppen faktisch exakt das gleiche tun mussten, nämlich 8 Sticker sammeln, um ihre freie Wäsche zu erhalten, verzeichnete die zweite Gruppe, mit dem „Startbonus“ von 2 kostenlosen Stickern eine Einlöserate von 34%. Gruppe 1 hingegen hatte nur eine Einlösequote von 19%. Das Experiment kommt daher zur Schlussfolgerung, dass Kunden, die mit künstlichem Fortschritt in Richtung eines Ziels ausgestattet sind, eine größere Beharrlichkeit beim Erreichen des Ziels aufweisen. Mit anderen Worten, wenn Kunden das Gefühl haben, bereits einen Fortschritt auf dem Weg zu einer Belohnung gemacht zu haben, fühlen sie sich mehr motiviert, die Reise auch abzuschließen, um in den Genuss des Incentives zu kommen.

Punkte, Stempel, Sticker und andere Formen von Sammelsystemen dienen dazu, Wiederholungskäufe zu fördern. Sie fördern beim Kunden das Gefühl, auf dem Weg zu einem Ziel zu sein. Und visualisieren diesen Fortschritt im Idealfall möglichst anschaulich.

 

Kommunikative Begleitung des Kunden am Weg zur Wunschprämie

Besonders effektiv in Loyalty Programmen sind unserer Erfahrung nach Bonuspunkte, die der Kunde bereits zum Start erhält. Sei es für die Registrierung, als Dankeschön für die Teilnahme oder als persönlich durch den Außendienst überreichter Gutschein in B2B Programmen. Dabei spielt die Höhe gar keine so große Rolle sondern vielmehr das Erlebnis, vom Start weg Fortschritt gemacht zu haben.

 

Der Goal Gradient Effect

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch der sogenannte Goal Gradient Effect: Die Motivation, ein Ziel zu erreichen, steigt mit der Nähe zum zu erreichenden Ziel an. Der Goal Gradient Effect wurde bereits 1934 von Hull C.I. beschrieben, der ihn in seinen Experimenten mit Ratten entdeckt hatte. Seine Versuchsobjekte liefen nämlich zunehmend schneller, je näher sie von der Startbox seiner Versuchsanordnung in Richtung Futterbox kamen.

Wesentlich näher an unserem Anwendungsgebiet konnten Kivetz, Urminsky und Zheng 2006 den Effekt auch im Loyalty Marketing demonstrieren. Sie stellten im Rahmen von Programmen mit Kaffee-Sammelpässen fest, dass Kunden immer häufiger Kaffee konsumierten, je näher sie dem in Aussicht gestellten Gratis-Kaffee kamen.

Das Journal of Marketing Research kommt daher in seinem Bericht über dieses und weitere, ähnlich gelagerte Experimente zu folgender Schlussfolgerung: “Not only do customers accelerate toward rewards (in terms of timing, quantity, and persistence of effort), but their acceleration also predicts loyalty and future engagement with similar goals.”

 

Die Illusion der Größen-Heuristik

Menschen verfügen weder über die Kapazität noch die Zeit oder Motivation, alle verfügbaren Informationen in unserer hochkomplexen Welt zu erkennen und zu bewerten. Um uns dennoch zurecht zu finden benutzen wir vielmehr sogenannte Heuristiken – sozusagen mentale Abkürzungen – um der Komplexität Herr zu werden und diese effizient zu bewältigen.

Wenn wir beispielsweise das Ausmaß von Dingen beurteilen, suchen wir nach Referenzen. Dabei verwechseln wir oft Menge mit Größe. Die schiere Menge von etwas wirkt nämlich oft groß auf uns. Und verschafft uns dadurch eine trügerische Illusion. So kann beispielsweise ein Berg von 500 Stück 10-Eurocent Münzen nach wesentlich mehr aussehen, als ein zusammengefalteter 50 Euro-Schein. Auch wenn die beiden natürlich exakt gleich viel wert sind.

Die Illusion der Größen-Heuristik kann vor allem in Punkte-basierten Loyalty Programmen gezielt eingesetzt werden. Die Punkte eröffnen eine große Flexibilität in der Darstellung. Möchte ein Unternehmen beispielsweise einen Einkauf über 1.000 Euro belohnen und hat dafür ein Marketingbudget von 1% der Transaktionssumme, stehen 10 Euro zur Verfügung. 10 Euro sind immer 10 Euro. Aber dargestellt in Punkten gibt es nun die Möglichkeit, diese 10 Euro nach wesentlich mehr aussehen zu lassen. So könnte der Kunden für 1.000 Euro Einkaufsvolumen beispielsweise 1.000 Punkte bekommen. Bewertet man einen Punkt mit 1 Eurocent sind diese 1.000 Punkte wieder exakt die gewünschten 10 Euro wert. Aber für den Kunden wirken 1.000 Punkte unter Umständen wesentlich mehr und daher wertvoller, als 10 Euro.

Ebenso könnten bei einem Gewinnspiel im selben Loyalty Programm 1 Million Punkte verlost werden. Dafür wären nach obiger Logik gerade einmal 10.000 Euro Marketingbudget notwendig – die aber einen Kunden zum (Punkte-)Millionär machen würden.


Surprise & Delight trifft auf die Macht der Reziprozität

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen am Flughafen, müde nach einem langen Tag voller Termine. Sie warten aufs Boarding am Gate für Ihren Flug nachhause. Als plötzlich Ihr Name ausgerufen wird und Sie gebeten werden, zum Counter zu kommen. Dort empfängt Sie eine freundliche Dame der Fluglinie und sagt: „Vielen Dank, dass Sie in den letzten Monaten so oft mit uns geflogen sind. Wir haben einen Platz in der Business-Class frei, auf den wir Sie heute für Ihren Rückflug gerne einladen würden.“

In positiven Überraschungen wie diesen steckt eine enorme Macht für den Aufbau von Kundenbeziehungen. Wenn unsere Erwartungen erfüllt werden, sind wir zufrieden. Werden unsere Erwartungen übertroffen, sind wir noch zufriedener. Werden wir aber überrascht und erhalten etwas, das wir nie erwartet hätten, sind wir begeistert.

Regan R. von der Cornell University führte eine Studie durch, in der ein Teilnehmer dem Probanden unerwartet eine Flasche Coca-Cola schenkte. In der anschließenden Befragung zeigten jene Probanden, die ein Cola erhalten hatten, wesentlich höhere Sympathie zu der Person, die sie beschenkt hatte, als jene Probanden, die kein Cola erhielten.

Es zeigte sich darüber hinaus noch ein weiterer spannender Effekt: nämlich jener der Reziprozität. Probanden, die das Cola angenommen hatten, fühlten sich eher motiviert, den Gefallen zu erwidern. Reziprozität, also das Prinzip der Gegenseitigkeit, ist ein universellere Instinkt in uns. Menschen sind voneinander gegenseitig abhängig, Reziprozität gehört sogar zu einer Bedingung des Menschwerdens selbst. Durch Gegenseitigkeit entstehen Beziehungen und gegenseitiges Vertrauen.

Mit Surprise & Delight Maßnahmen erreichen wir also potentiell zwei Ziele gleichzeitig. Wir begeistern den Kunden nicht nur, sondern erreichen unter Umständen sogar, dass sich der Kunde besonders motiviert fühlt, dem Unternehmen eine Gegenleistung zu erbringen.

Begeisterte Kunden sind nachweislich loyaler gegenüber dem Unternehmen. Die Folgen sind Steigerung der Weiterempfehlungsrate, niedrigere Akquisitions- und Werbekosten, Umsatzsteigerung aufgrund von erhöhten Erst- und Wiederholungskäufen, sowie langfristige strategische Vorteile aufgrund eines gesteigerten Markenwerts und einer höheren Widerstandsfähigkeit gegenüber neuen Marktbegleitern.

Eine Studie von Mercedes-Benz USA fasst dies in eindrucksvolle Zahlen: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein unzufriedener Kunde, noch einmal beim selben Händler kauft liegt bei nur 10%. Die bloße Zufriedenheit führt zu 29% Wahrscheinlichkeit eines erneuten Kaufs. Ein begeistertet Kunde jedoch hat eine Wiederkaufrate von beeindruckenden 86%.

Wenn man die Kaufwahrscheinlichkeit durch Begeisterung im Vergleich zu bloßer Zufriedenheit also verdreifachen kann, wird schnell klar, welchen enormen Spielraum das für Marketingbudgets und Investitionen in Kundenbegeisterung schafft. Und damit trotzdem noch ein positiver ROI erwirtschaftet werden kann.

Veröffentlicht von Christian

Christian Haslinger ist CEO der Connex Group. Sein Fokus liegt auf der ganzheitlichen Entwicklung und Umsetzung von innovativen, hocheffizienten Strategien zur Verkaufsförderung, Kundenbindung und Mitarbeitermotivation.